Das Segelteam um die Ostholsteiner Brüder Helge und Christian Sach hat überraschend die 66. Centomiglia auf dem Gardasee gewonnen. Die vierköpfige Crew mit Herbert Vogel und Gerd Schmitzer setzte sich auf ihrem zehn Meter langen M32-Katamaran „itelligence“ bei der legendären 100-Seemeilen-Regatta auch gegen drei größere Extreme 40-Kats durch. Nach sieben Stunden, 38 Minuten und 17 Sekunden wurden die Nordlichter im Start- und Zielhafen Bogliaco umjubelt.
„Das war ein hartes Stück Arbeit bei bis zu sechs Windstärken“, berichtete Steuermann Helge Sach, „am Ende hat unsere bessere Taktik den Ausschlag gegeben.“ Das Sach-Team hatte die Konkurrenz am Sonnabendmorgen (10. September) um halb neun mit einem ausgeschlafenen Steuerbord-Start düpiert und war mit großem Vorsprung aus der Bucht von Bogliaco heraus nach Norden unterwegs. Im stetig zunehmenden Vento, dem morgendlichen Nordwind, kreuzte das Feld den Gardasee Richtung Riva auf.
Und mit der Zeit machte sich Bootslänge bezahlt. Die drei Zwölf-Meter-Kats vom Typ Extreme 40 zogen am M32 der Zarnekauer vorbei und hatten an der ersten Wendemarke „Arco“ fast eine Viertelstunde herausgefahren. Aber auch der Lokalmatador und mehrfache Gesamtsieger Gregor Stimpfl war mit dem baugleichen M32 „Hägar III“ bei seiner 23. Teilnahme vorbeigezogen. Er hatte offenbar die Windvorhersage richtig gedeutet und war zu fünft mit höherem Trimmgewicht unterwegs.
Doch die Centomiglia ist lang. Über Torbole führte der Kurs quer über den See nach Brenzone und von dort zurück in ein Transitgate vor dem Start- und Zielhafen Bogliaco. Und die Cento forderte auch ihren Tribut. Die in der Vorwoche bei der Gorla Trophy siegreiche Crew der Libera „Raffica“ kenterte und musste aufgeben. Zwischen Riva und dem Surfmekka Torbole hatten die Veranstalter noch eine Speed Challenge eingebaut. Schnellstes Boot unter Gennaker war die „itelligence“ mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 21,25 Knoten. Das entspricht fast 40 km/h!
„Wir sind tatsächlich zum ersten Mal ins Foilen gekommen“, berichtete Christian Sach begeistert, „mit beiden Schwertern unten hob das Boot ab und flog übers Wasser.“ Der M32 hat gebogene Schwerter, aber noch keine Tragflächen (Foils). Deshalb wurden die Sachs von dem Segelverhalten selbst überrascht, nachdem nach einer Halse für einen Moment beide Schwerter nach unten gestellt waren.
Aber der Rückstand auf die scheinbar übermächtigen Gegner schmolz nur langsamen. Am Tor bei Bogliaco waren es immer noch elf Minuten auf Enrico Zennaro im Team „North West Garda Sailing“. Auch an der letzten Wendemarke bei Desenzano lagen die Extreme 40 sowie Stimpfl noch bis zu vier Minuten vorn. Doch der Vento war – typisch für das Revier – inzwischen fast ganz eingeschlafen. Die Ora, ein leichter Südwind setzte sich durch.
„Der ist zu Anfang dicht unter Land immer am stärksten“, erinnerte sich Helge Sach an auch leidvolle Erfahrungen der Vergangenheit. Christian Sach pushte seinen Bruder auf einen extremen Kurs am Ufer entlang. „Das war unsere einzige Chance, Stimpfl noch in Lee abzufangen“, so der Taktiker. Die Extreme 40 hatten sich schon verschätzt und kämpften nur noch um den dritten Podiumsplatz. Im Bogen fuhr die vierköpfige Mannschaft der „itelligence“ schließlich zwei Minuten und drei Sekunden vor der „Hägar III“ über die Ziellinie. Dritter wurde das „Extreme Sailing Team“ von Kristof Kaiser aus Ungarn, sechs Minuten zurück.
99 Wenden und Halsen segelte das Sach-Team auf dem Gardasee, 35 mehr als ihr härtester Verfolger. Dabei zahlte sich das einwöchige Training zuvor aus. Herbert Vogel, Gerd Schmitzer und die Sach-Brüder gewannen auch durch ihre schnellen Manöver. Insgesamt legten sie 140,42 Kilometer über Grund zurück, ein vergleichsweise direkter Kurs deutlich unter den durchschnittlich 100 Seemeilen, die dem Klassiker ihren Namen gegeben haben. „Das war ein Rennen nach Maß mit sensationellem Ausgang“, freuten sich Helge und Christian Sach über den viel beachteten Gesamtsieg bei der 66. Centomiglia.